SONDERGALERIE AMATEURFOTOGRAF HANS NOVACZEK  
     
   
     
  Bunkeranlage Bratislava Süd  
     
     
  Einleitung  
       
 

Auf der Suche nach coolen Locations für Photoshootings stieß ich durch Zufall auf die Bunkeranlagen der ehemaligen Tschechoslowakei entlang der österreichischen Grenze beim Stadtteil Bratislava Petržalka.
Sie erstrecken sich vom orografisch rechten Ufer der Donau nahe an der Grenze (Bunker B-S 1) bis zum südlichen Stadtrand beim Ortsteil Lúky, direkt neben der Autobahn D2 (Bunker B-S 10)

KURZBESCHREIBUNG
Da die Beschreibungen und Informationstafeln großteils nur in slowakischer Sprache verfasst sind, kann ich hier nur einen kleinen Überblick über die Anlagen mit kurzer fotografischer Dokumentation geben.

Neben der ehemaligen Raketenbasis am Thebener Kogel (Devinska Kobyla) finden wir entlang der Staatsgrenze bei Kittsee (Österreich) und Bratislava Petržalka (heute Slowakei, damals Tschechoslowakei) eine Verteidigungslinie von der Donau zum südlichen Stadtrand von Petržalka, die einen tschechoslowakischen Brückenkopf südlich der Donau bildete.
Es gibt hier 10 Bunker, die mit einigen kleineren Defensivobjekten ergänzt werden. Im Gegensatz zu den bekannten Forts des 19. Jh., die eine Front und eine Kehlseite haben, zeigen sich die großen Bunker zu den Flanken hin verteidigungsfähig. Die Front ist durch eine massive Erdvorlage geschützt.

Laut einer Schautafel beim Bunker B-S 4 entstanden diese Anlagen vor dem Zweiten Weltkrieg, um auf die zunehmende Aggression durch Deutschland zu reagieren.
Ab 1948 weiter unter Sowjetrussischer Führung ausgebaut, dienten die Bunker mit den Grenzanlagen zum Schutz vor einem Angriff durch die NATO und gleichzeitig auch zur Sicherung nach Innen im Rahmen des „Eisernen Vorhanges“.

NACHTRAG
Imzuge meiner Nachforschungen machte ich im Südosten von
Petržalka drei weitere Bunker ausfindig: B-S 13 (Stoh), B-S 14 (Duna), B-S 15 (Ostrov) sowie ein weiterer kleiner Bunker B-S V 4.
Die Bunker B-S 11 und 12 lagen im heutigen Siedlungsgebiet und sind nicht mehr vorhanden. Ein Fotobesuch wird bei Gelegenheit nachgeholt.

 
     
  LISTE DER BUNKER  
 

 

   
  Bezeichnung (Name) Standort  
       
  Bunker B-S 1 (Štrkovisko) an der Donau, neben Staatsgrenze  
  Bunker B-S 2 (Mulda) Donauauen, neben Staatsgrenze  
  Bunker B-S 3 (Paseka) Donauauen, neben Staatsgrenze  
  Bunker B-S 4 (Lány) Autobahnkreuz nächst Grenze Berg  
  Objekt B-S V 1 direkt östlich Autobahn D2  
  Bunker B-S 5 (LO vz.37 Typ H) westlich Stará Petržalka  
  Bunker B-S 6 (Vŕba) Bratská, bei Autobahnauffahrt D2  
  Bunker B-S 7 (Cvičisko) Feld westlich Ortsteil Kopčany  
  Bunker B-S 8 Museum, südwestlich Ortsteil Kopčany  
  Bunker B-S 9 (Kittsee) Pressburger Straße von Kittsee kommend  
  Bunker B-S 10 (Tri Hranice) direkt neben Autobahn D2 bei Ortsteil Lúky  
  Artilleriedeckung Feld bei BS-7  
  Panzerturm Feld bei BS-7  
  Bunker B-S 13 (Stoh) Nächst Poliklinik, Betliarska  
  Bunker B-S 14 (Duna) ca. 650m östlich von B-S 13 nächst Donau  
  Bunker B-S 15 (Ostrov) Südspitze der Donauinsel gegenüber B-S 14  
  Objekt B-S V 4 südlich Tankstelle an der Dolnozemská cesta  
     
  Bunker in Einheitsbauart Schematische Skizzen und kurze Bauartbeschreibung  
     
     
  Fotorundgang 1
17. August 2018
 
     
 

B-S 10 TRI HRANICE
Direkt neben der Autobahn D2 gelegen, Anhalten am Pannenstreifen zwecks Foto nicht ratsam, daher vorerst kein Foto...

 
 

 

 
  B-S 9 KITTSEE
Bunker direkt an der alten Pressburger Straße von Kittsee nach Engerau, kurz nach der Staatsgrenze. An allen Seiten Schießscharten, vermutlich für MG.

 
     
  B-S 8 MILITÄRMUSEUM
Beim Bunker B-S 8 ist neben dem Kriegerfriedhof aus 1916 auch ein kleines Freilichtmuseum eingerichtet, welches die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg, sowie die Grenzsicherung des Eisernen Vorhanges dokumentiert.

ACHTUNG!
Grenz-Zone.
Zutritt nur mit Berechtigung.

Feldmäßige Deckung, 2. Weltkrieg

Bunker B-S 8 Nordansicht

Am Verdeck befinden sich zwei Beobachterkuppeln.

Blick Richtung B-S 7 und Panzerturm ganz am linken Bildrand. Im Hintergrund der Thebener Kogel.

 
     
  ARTILLERIEDECKUNG
Nördlich B-S 8 im Feld stehend, ausgeführt als zirka 2 Meter starke Stahlbetonwand. Dahinter (am Foto auf der rechten Seite des Objektes) befand sich eine fest stationierte Kanone. Schussrichtung Westen. Der Bewuchs auf der linken Seite des Fotos diente möglicherweise als Sichtschutz.

 
     
  B-S 7 CVIČISKO
Ein etwas kleinerer Bunker, der als MG-Stellung diente.

 
     
  PANZERTURM
Kleines Objekt, auf dessen Verdeck ein drehbarer und getarnter Panzerturm montiert war.

 
     
   
     
 

Zwei alte Fotos auf einer Schautafel im Freilichtmuseum (links Bunker B-S 7, rechts der Panzerturm)

 
     
  B-S 6 VŔBA
Bunker Vŕba ist heute von Straßen und Autobahnen umschlossen. Das Feuer der Geschütze würde nur die Autobahn beschädigen. Bunker B-S 6 kann auf Anfrage besichtigt werden.

Eine typische Armierungsstraße des ehemaligen Ostblocks mit gegossenen Betonelementen als Fahrbahn.

Zugang auf eigenes Risiko

Auf dem Gelände liegt auch ein Kugelbunker.

 
     
     
  Fotorundgang 2
27. Juni 2019
 
     
 

B-S 4 LÁNY
Eine Schautafel beim Bunker merkt an, dass diese Bunkeranlagen bereits vor dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurden, um die 1. Tschechoslowakische Republik zu schützen. Während des Zweiten Weltkriegs waren sie durch die Deutsche Wehrmacht besetzt. Danach ab 1948 wurden sie zum Symbol der Freiheitsbegrenzung in der Ära des Sozialismus.

Seit 2011 widmet sich ein privater Verein der Restaurierung und Erhaltung dieser Anlagen.

Foto rechts (aus 1941) stammt von einer Schautafel beim Bunker 4.

 
     
 

Der Bunker heute

Beobachterkuppel

Die so genannten „Sauschwänze“ dienten zur Befestigung von Stacheldraht oder Tarnnetzen.

Ausschussöffnungen an der linken Flanke: links für MG, in der Mitte für Panzerabwehrkanone rechts für Zwillings-sMG.
Davor der kleine Graben und die Annäherungshindernisse.

 
     
 

 
       
 

 
     
 

Panzersperren und Grenzsicherung mit Drahtverhaue...

 
     
 

...und massive, betonierte Schranken. Heute ein pittoreskes Denkmal, früher Symbol für Kontrolle, Repression und Unterdrückung!

 
     
     
  Fotorundgang 3
30. August 2019
 
     
 

Die Besichtigung der Bunker B-S 1 bis B-S 3 lieferte mir wieder neue Erkenntnisse. Auf einer Schautafel an der Abzweigung zu den Bunkern Mulda und Paseka steht nachfolgender Text, der Aufschluss über die Namen, die abweichende Bewaffnung dieser drei Bunker und die Nomenklatur gibt:

 
     
  TSCHECHOSLOWAKISCHE BEFESTIGUNGSANLAGE B-S 1; B-S 2; B-S 3  
     
 

B-S 1 „Štěrkoviště“ (Schottergrube), B-S 2 „Mulda“ (Mulde) und B-S 3 „Paseka“ (Lichtung)

 
     
  Mit den Bunkern B-S 1, 2 und 3 begann die Linie des Brückenkopfes von Bratislava in Petržalka. Sich im dichten Wald befindend, konnten sie in der niedrigsten Befestigungsstufe (I. Stufe), als die Objekte im Freien (B-S 4 und B-S 8 in der II. Befestigungsstufe), ausgebaut werden. Die Dicke der Frontseite war 175cm, der Decke 150cm und der Seitenwände 100cm. Im Raum zwischen den einzelnen Bunkern waren Schieß- und Beobachtungsschneisen mit dichten Verteidigungshindernissen eingerichtet.

Die Befestigungsobjekte waren mit einer Sondernomenklatur bezeichnet. Der erste Buchstabe bezeichnet den Abschnitt (MO-Moravská Ostrava, K-Králiky, B-Bratislava). Der zweite Buchstabe „S“ war allgemein und bedeutete „srub“ (dt. Bastion), da die einzelnen Bunker als „Bastion“ (Infanterie, Artillerie, Minenwerfer,...) bezeichnet wurden. Die Nummer bezeichnete die Reihenfolge des Bunkers in der Linie und das letzte Zeichen war der Deckname wegen der Geheimhaltung. Diese erfolgte aus der Besonderheit des konkreten Ortes, wo sich der Bunker befand, wie die Schotterstrände an der Donau (B-S 1 Štěrkoviště), Geländedepressionen nach den alten Donaumulden (B-S 2 Mulda) oder der Lichtung in der Mitte des Waldes (B-S 3 Paseka).

Bunker B-S 1 von seiner Nordflanke schützte den Donauspiegel gegen feindliche Schiffe mit der gemischten Waffe L1 (Panzerabwehrkanone verbunden mit schwerem Maschinengewehr Modell 37), die linke Flanke im Süden war mit schwerem Maschinengewehrzwilling versehen und zielte in den Raum vor dem benachbarten Bunker B-S 2. Da die Wälder ein Naturhindernis für die Bewegung der feindlichen Technik bedeuteten, reichte es die Bunker B-S 2 und 3 nur mit Maschinengewehrzwillingen an jeder Seite auszurüsten. Jeder Bunker hatte zwei Beobachtungsglocken zu Beobachtung des Vorfeldes und zum notwendigen Schutz der Umgebung des Objektes.

Während des 2. Weltkrieges erfolgten im Raum des Pečňa-Waldes Übungen des deutschen Heeres zur Eroberung von Bunkern. In der Zeit des Kalten Krieges wurden die Bunker für Zwecke der Armee und des Grenzschutzes genutzt und nach der Verlassung seitens der Armee am Ende der 90-er Jahre wurden sie, ähnlich wie weitere Bunker in Petržalka, komplett ausgeraubt und ihrem Schicksal überlassen.
 
     
     
 

B-S 1 ŠTRKOVISKO
Der Bunker liegt nahe der Donau direkt an der
 „Pohraničiarska Signálka“, dem ehemaligen Patroullienweg des Eisernen Vorhanges. Wie oben schon beschrieben, entspricht dieser Bunker dem Typ Pěchotní srub, ist aber kleiner. An der Donauseite befindet sich eine Scharte für eine  4,7cm-Panzerabwehrkanone, an der linken Flanke eine Scharte für ein Zwillings-sMG.

Der Bunker ist verlassen und zeigt sich als Lost Place. Durch die Graffiti ist es schwer, den ursprüngliche Tarnanstrich zu erkennen...

 
     
 

Schießscharten rechte Flanke (Donauseite)

Schießscharten linke Flanke (Auwaldseite)

Eingangsbereich. Hier fehlt der abgewinkelte Vorraum mit der Verteidigungskoje. Man gelangt direkt in den Verbindungsgang.

Solitäre Kanonenstellung im rechten Kampfraum

 
     
 

 
     
 

Blick in den linken Kampfraum

MG-Scharte im Verbindungsgang

 
     
 

Linke Beobachterkuppel am Verdeck

 
     
     
 

B-S 2 MULDA
In den Donauauen westlich von der Staatsgrenze zu Österreich und östlich durch die Autobahn D2 begrenzt, liegen noch zwei weitere Bunker. Sie sind gut im Wald versteckt und dienten der MG-Verteidigung in den Auwäldern. Der Bunker Mulda ist der nördlich gelegene und zeigt sich geringfügig renoviert. Betonung auf geringfügig, z.B. der Anstrich wurde irgendwann erneuert...

Foto rechts: Ein nettes Detail ist hier die Vorplatzbeleuchtung

 
     
 

Auch hier ist der direkte Zugang zum inneren Verbindungskorridor zu sehen.

MG-Scharten linke Flanke, rechts die Scharte für Zwillings-sMG. Die rechte Flanke ist spiegelgleich.

Der Name bezieht sich auf eine Geländemulde in der der Bunker steht.

 
     
     
 

B-S 3 PASEKA
Der dritte und letzte Bunker dieses Besuches liegt einsam im Wald und ist der verlassenste meiner bisherigen Foto-Dokumentationen.

 
     
 

Eingang mit originaler Gittertür

Auch bei diesem Bunker sind linke und rechte Flanke baugleich und nur für MG-Verteidigung ausgelegt.

 
     
 

 
     
 

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  WEITERE BUNKER
Die Verteidigungslinie setzt sich nördlich des Thebener Kogels entlang der March fort. Dort finden sich noch mehrere Bunker, z.B. ein gut erhaltener auf slowakischer Seite an der Fahrradbrücke (von Schloss Hof kommend) über die March.
Ebenso stehen auf Tschechischem Staatsgebiet am Nordufer der Bischofswarter Teiche (Hlohoveck
ý Rybník) 7 Bunker, in zweiter Linie nordwestlich dahinter 5 weitere. OpenStreetMap offenbart in dieser Gegend noch viele weitere Objekte. Spannend sie dort Richtung Westen entlang der Österreichisch-Tschechischen Grenze auf der Karte zu verfolgen...
 
     
  TSCHECHOSLOWAKISCHE BUNKER
Auch auf heute Tschechischen Staatsgebiet finden wir entlang der österreichischen Grenze eine Vielzahl an Bunkern. Folgende Bunker habe ich dort bis dato dokumentiert: Panzerfeld Šatov (Teil 1), sowie bei Mikulov, Hevlín und Dyjákovice (Teil 2).
 
     
     
 
 
     
  ÜBERSETZUNG DER BUNKERNAMEN
Cvičisko ....... Übungsgelände
Duna ........... Donau
Lány ............ Seil
Mulda .......... Mulde
Ostrov .......... Insel
Paseka ........ Lichtung
Stoh ............ Stapel
Štrkovisko .... Schottergrube
Tri Hranice ... Dreiländereck

Vŕba
............ Weide
 
     
  WEBLINKS
Bunkermuseum
Bratislava Petržalka:  www.mpo.sk
Magazin des Österreichischen Bundesheeres: www.truppendienst.eu
 
     
     
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